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Gauselmann schreibt rote Zahlen
Teile diesen Beitrag:Die Coronapandemie setzt die Glücksspielbranche stark unter Druck und hat bereits etliche Arbeitsplätze gekostet. Merkur-Inhaber Paul Gauselmann (86) kam bisher ohne Kündigungen durch die Krise, doch nun schreibt das Espelkamper Unternehmen zum ersten Mal in seiner jahrzehntelangen Geschichte rote Zahlen. Fast alle 14.000 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?
Umsatzverluste von 30 Prozent in 2020
Es ist kein Geheimnis, dass die europaweiten Lockdowns der landbasierten Glücksspielindustrie schwer zusetzen. Auch der deutsche Automatenkönig Paul Gauselmann, der bisher ohne Kündigungen durch die Krise kam, gerät inzwischen immer mehr unter Druck. Das familiengeführte Unternehmen aus Espelkamp hat erstmals in seinem 63-jährigen Bestehen rote Zahlen geschrieben. Fast 700 Spielhallen in ganz Europa sind dicht, beinahe alle 14.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Die Verluste wurden von einem Unternehmenssprecher vergangene Woche bestätigt: Der Umsatz im Jahr 2020 sei gegenüber dem Vorjahr um satte 30 Prozent rückläufig. Nicht nur das Geschäft mit Spielhallen, sondern auch die Automatenherstellung hinke nach. Die Situation würde die Reserven des Merkur-Inhabers massiv beanspruchen. 2019 lag der Außenumsatz noch bei 2,5 Mrd. Euro, der Innenumsatz sogar bei 3,4 Mrd. Euro.
Die Krise wirke sich so gravierend aus, dass sich, so Gauselmann, rote Zahlen erstmals nicht mehr vermeiden ließen. Die vom Staat zugesagten 75-Prozent-Hilfen für November und Dezember seien stark eingeschränkt. Um angemessene Hilfe zu bekommen, müsse man aufgrund der Bürokratie hart kämpfen. Eine Verbesserung der Situation sehe man zurzeit nicht.
Paul Gauselmann kritisierte in einer Stellungnahme auch die Lockdown-Politik der Bundesrepublik – die Schließungen seien völlig undifferenziert und unverhältnismäßig. Es sei unverantwortlich, dass keine Rücksicht auf die Besonderheiten bei Spielhallen genommen werde. In den Einrichtungen stehe genügend Raum zur Verfügung. Die Einhaltung eines Mindestabstands von zwei Metern sei gewährleistet. Zudem würden Maskenpflicht und Hygienevorschriften eingehalten. Die Politik würde aber dennoch pauschale Entscheidungen treffen. Eine Analyse der Fakten bliebe aus, so der Merkur-Chef.
Hoffnung auf politische Einsicht
Noch kurz vor der Verlängerung des Lockdowns bis mindestens zum 07. März hoffte Gauselmann auf politische Einsicht und eine Wiedereröffnung im Februar. Doch nach wie vor findet das Freizeit-, Kultur- und Gastronomiegewerbe bei den Lockerungen keine Berücksichtigung. Laut Gauselmann würde die Spielfreude der Menschen unter Corona aber keineswegs abnehmen, was die Umsätze nach dem ersten Lockdown bewiesen hätten.
Auch der Dachverband Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) sprach sich gegen die Schließungspolitik der Bundesregierung aus. Befürchtet wird ein Kahlschlag der gesamten Branche. Inzwischen müssen man mit der endgültigen Schließung vieler Filialen rechnen, kommentierte Vorstandssprecher Georg Stecker. Die Situation sei dramatisch, alle Branchenstufen – Industrie, Großhandel und Automatenherstellung – würden unter Druck stehen. In vielen Bereichen seien die Reserven längst aufgebraucht.
Allein der Bereich Spielautomaten sei 2020 um 50 Prozent rückläufig. Dies habe gravierende Folgen für rund 70.000 Menschen, die bundesweit in der Branche arbeiten. Die einzige Möglichkeit die Arbeitsplätze zu erhalten, sei Kurzarbeit. Doch die Coronakrise ist längst nicht die einzige Gefahr, der sich die Spielhallenbranche zurzeit ausgesetzt sieht.
Nach jahrelangen Debatten um die optimale Regulierung des Online Glücksspiels, plant Deutschland die Legalisierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker ab Juli. Seit dem 15. Oktober gelten bereits Übergangsregeln. Mit der Legalisierung einher gehen nicht nur bessere Kontrollmöglichkeiten und neue wirtschaftliche Chancen, sondern auch drastischere Beschränkungen für Spielhallen. Eine neue Mindestabstandsregel von 500 Metern zwischen den Betrieben sowie zwischen den Betrieben und Kitas/Schulen sorgt dafür, dass deutschlandweit etliche Spielhallen schließen müssen.
Auswirkungen auf Westspiel-Verkauf
Die derzeitige Krise könnte sich auch negativ auf den geplanten Verkauf von Westspiel auswirken. Gauselmann gilt als einer der Hauptinteressenten an den bisher NRW-eigenen Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund (Hohensyburg) und Duisburg. Die Gebote dürften nun bedeutend niedriger ausfallen als vor Corona, außerdem sinken die Chancen, überhaupt einen Käufer für die Spielbanken zu finden.
Wie aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgeht, erwartet NRW für Westspiel 2020 einen Verlust von 20 Prozent auf 81,4 Mio. Euro. Dies dürfte den Kaufpreis, der momentan bei etwa 2,7 Mrd. Euro liegt nach unten drücken.
Für den neuen Lizenznehmer gelten einige Vorgaben: Erstens muss er seit mindestens drei Jahren im Spielhallengeschäft sein. Zweitens muss er über mindestens 20 Mio. Euro Eigenkapital verfügen. Dafür winkt dem Käufer allerdings eine weitere Lizenz, welche den Betrieb von bis zu sechs Casinos erlaubt. Dass sich ein erfahrener Geschäftsmann wie Gauselmann in der momentanen Situation weitere geschlossene Betriebe zulegt, ist jedoch eher unwahrscheinlich.
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