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ÖVP fordert neue Glücksspielaufsicht
Teile diesen Beitrag:Der österreichische Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat die Einrichtung einer unabhängigen Glücksspielaufsichtsbehörde gefordert. Hintergrund ist unter anderem die Casinos Austria-Affäre. Gleichzeitig fordern private Glücksspielanbieter ein offizielles Lizenzsystem, um die Monopolisierung des österreichischen Glücksspiels aufzuheben. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?
Splittung der Zuständigkeiten
In einer Rede auf dem österreichischen Fernsehsender ORF hat Finanzminister Gernot Blümel eine neue Glücksspielaufsichtsbehörde gefordert, diese soll sich sowohl mit der Regulierung als auch mit Lizenzvergaben befassen. Auf diesem Weg wolle man die Mehrfachrolle des Finanzministeriums „entflechten“. Die momentane Situation hält der Politiker für nicht zeitgemäß, eine neue Zielsetzung sei bereits im Regierungsprogramm verankert worden. Im Zitat hieß es:
“Das ist eine Multifunktion, die aus meiner Sicht nicht optimal ist. Deswegen bin ich froh, dass wir es geschafft haben, im Regierungsprogramm klar zu verankern, dass wir die Vielfachfunktion des Finanzministeriums aufdröseln wollen.”
Geplant ist demnach eine regelrechte Splittung der derzeitigen Aufgaben. Dem Finanzministerium obliegen derweil nicht nur die Regulation und die Lizenzierung, sondern auch die Eigentümervertretung des Glücksspielsektors. Diese Zusammensetzung sei vor allem aufgrund des boomenden Online Glücksspiels zu „überdenken“. Vor dem Hintergrund der Casinos Austria-Affäre stünden zudem Arbeitsplätze und Steuereinnahmen auf dem Spiel.
Der 38-jährige Minister erklärte darüber hinaus, dass es in der jetzigen Situation bedeutsam sei, die unterschiedlichen Bereiche dem „Einflussbereich der Politik“ zu entziehen. „Deshalb sollten die Bereiche der Lizenzierung und Aufsicht an eine unabhängige Glücksspielbehörde ausgelagert werden“, so das Kredo.
Hintergrund Casinos Austria
Die Reformpläne hatte die Partei bereits seit Januar vorangetrieben. Das Bedürfnis nach mehr Transparenz und einer klaren Aufgabenverteilung resultierte vor allem aus der Affäre um die teilstaatlichen Casinos Austria. Es wurde unter anderem behauptet, dass die Ernennung von Peter Sidlo zum Finanzchef des FPÖ-Bezirksstadtrates in Wien darauf abzielte, dem Glücksspielkonzern Novomatic AG bestimmte Gefälligkeiten zu erweisen.
Bis vor wenigen Tagen hielt Novomatic noch 17,2 Prozent an dem österreichischen Unternehmen. Aktuell wurde jedoch bekannt, dass der Konzern seine Anteile an die tschechische Sazka-Group abgetreten hat. Sazka war mit einem Anteil von 38,2 Prozent bereits im Vorfeld größter Anteilseigner an den Casinos Austria. Aufgrund der massiven Vorwürfe hatte Novomatic jedoch schon Anfang Februar einen Teilrückzug aus Österreich angekündigt.
Laut Berichten der österreichischen Kronen Zeitung hält die tschechische Gruppe nun satte 53,2 Prozent. Zweitgrößter Anteilseigner ist nach wie vor die Staatsholding ÖBAG mit 33,2 Prozent. Sazka und ÖBAG haben jüngsten Meldungen zufolge einen Syndikatsvertrag geschlossen. Die Beteiligung der Regierung an dem Unternehmen wird jedoch aufgrund der Affäre um die Casinokette weiterhin infrage gestellt.
Stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel?
Der Deal hat zur Sorge geführt, dass Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren gehen könnten. Blümel erklärte daher in naher Zukunft über die ÖBAG ein „Österreich-Paket“ für Casinos Austria auszuhandeln und sich damit von Sazka die Zusagen zur Aufrechterhaltung der Standorte und der Mitarbeiterzahl in Österreich zu sichern. „Casinos Austria ist ein Traditionsunternehmen in Österreich, das über 3.000 Arbeitsplätze bietet“, so der Politiker. Des Weiteren hieß es:
“Es ist mir wichtig, dass sich die Dinge beruhigen und dass Arbeitsplätze, Standort und Steuereinnahmen gesichert bleiben. Die ÖBAG wird daher prüfen, wie ein solches Österreich-Paket am besten aufgebaut werden kann.”
Private Betreiber fordern Lizenzsystem
Blümels Pläne zur Etablierung einer Glücksspielbehörde werden durch die ÖVWG (Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel) befürwortet. Angesichts der zerfahrenen Situation sieht der Interessenverband den Zeitpunkt gekommen, den Markt für internationale Glücksspielanbieter zu öffnen, um das seit 2016 bestehende staatliche Monopol von Casinos Austria aufzuheben. Die Generalsekretärin Raffaela Zillner betonte an dieser Stelle die „dringende Notwendigkeit eines Überdenkens“.
Bisher dürfen Online Casinos in Österreich nur operieren, wenn sie zu Casinos Austria gehören. Alle anderen Anbieter verstoßen gegen das aktuell geltende österreichische Rechtssystem und gelten als illegal. Trotz der Regelung generieren nicht-lizenzierte Online Casinos rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes der österreichischen Branche. Nur 30 Prozent des Umsatzes werden durch die „legalen“ Anbieter erzielt.
ÖVWG-Generalsekretärin Zillner fordert deshalb eine unbeschränkte Lizenzvergabe, um den Sektor in regulierten Bahnen zu lenken, den Spielerschutz zu verbessern sowie Steuereinnahmen und Arbeitsplätze zu generieren. Außerdem wird der Rückzug des Finanzministeriums gefordert. „Solange der Staat beteiligt ist, wird es immer einen Interessenskonflikt geben“, so Zillner im Gespräch mit dem österreichischen Wirtschaftsmagazin Trend.
Auch im Nachbarland Deutschland bewegten sich private Online Glücksspielanbieter bislang in einer gesetzlichen Grauzone. Jüngste Entwicklungen deuten jedoch auf eine Liberalisierung hin. Auf Basis des sogenannten Glücksspielneuregulierungsvertrags werden regulierte Online Glücksspiele geplant. Eine Marktöffnung für die Betreiber seriöser Online Casinos ist für Mitte 2021 angesetzt. Die Entwicklungen bleiben vorerst abzuwarten.
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