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Staatsvertrag: Schleswig-Holsteins Sonderweg
Teile diesen Beitrag:Der noch bis vor kurzem von der Politik als großer Wurf gefeierte Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) könnte bereits vor seiner Einführung scheitern. Die neugewählte Regierung Schleswig-Holsteins plant nach Medienberichten den Ausstieg aus dem Abkommen. Stattdessen möchte man erneut eine eigene Regulierung auf den Weg bringen.
Im nördlichsten Bundesland gab es bereits in den Jahren 2011 bis 2013 eine Abkehr vom Staatsvertrag. Doch der unter CDU/FDP eingeschlagene Sonderweg wurde von der Rot/Grünen-Nachfolgeregierung aufgegeben. Die bereits vergebenen Lizenzen an Glücksspielanbieter behielten allerdings ihre Gültigkeit. Schleswig-Holstein war damit das einzige Bundesland, das sowohl online Sportwetten- als auch Casinos einem regulativen und steuerlichen Rahmen unterwarf. Die Jamaikakoalition aus CDU, FDP und Grünen plant dieses Lizenzregime zurückzubringen. Dies geht aus dem gemeinsamen Kernpunktepapier der Koalitionäre hervor.
Wie die Lübecker Nachrichten berichten, könnten diesmal weitere Bundesländer dem Vorbild Schleswig-Holsteins folgen. So werden unter anderem entsprechende Pläne aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen zitiert. Der zuletzt im März von allen Ministerpräsidenten vereinbarte GlüStV könnte damit bereits vor seinem vollständigen Inkrafttreten im Januar 2018 vor dem Aus stehen. Das überarbeitete Gesetzeswerk wurde ähnlich wie seine vorherigen Versionen vielfältig kritisiert. Die Europäische Union sah in der Vergabe vorläufiger Lizenzen an die 35 Bewerber aus dem Vergabeverfahren von 2012 eine Diskriminierung von Anbietern, die damals nicht beteiligt waren und länger auf ihre Betriebserlaubnis hätten warten müssen. Hinzu kamen negative Stimmen aus der Casinobranche, die die erneute Aussparung ihres Sektors monierten – der GlüStV sah lediglich Sportwettlizenzen vor, Online Casinos sollten zunächst nicht legalisiert werden.
Föderalismus im Internet?
Damit war die Ministerpräsidentenkonferenz auch im Jahr 2017 hinter den Stand zurückgefallen, der in Schleswig-Holstein bereits 2011 erreicht worden war. Die genannten Länder scheinen nun nicht länger an den Erfolg einer bundesweiten Regelung zu glauben. Sie versuchen die seit Jahren andauernde Hängepartie um das deutsche Glücksspielrecht zu beenden. Doch ist der Industrie und dem Fiskus mit diesem Ausscheren geholfen? Es erscheint fraglich, wie effektiv eine von jedem einzelnen Bundesland individuell ausgearbeitete Regulierung im Internetzeitalter sein kann. Die Lizenzen der Internetangebote dürften nur im jeweiligen Bundesland gültig sein. Es droht die Entstehung eines föderalistischen Flickenteppichs, der vor allem den Kundeninteressen im Weg stehen würde. Dass ein Kunde aus Schleswig-Holstein in einem Online Casino spielen darf, die Einwohner Bremens allerdings nicht, dürfte schwer zu vermitteln sein. Und doch könnte es Realität werden.
Möglicherweise reicht die Ankündigung der abtrünnigen Länder aber auch aus, um den Druck auf die Ministerpräsidentenkonferenz zu erhöhen. Im besten Fall würde man sich erneut zusammensetzen und das ganze Projekt des GlüStV auf den Prüfstand stellen. Der Weg für eine zeitgemäße Gesetzgebung dürfte recht einfach zu finden sein. Sowohl europäische als auch deutsche Gerichte haben in zahlreichen Entscheidungen die Bedingungen für eine solche dargelegt. Auch im Ausland gibt es Beispiele gelungener Regulierung zum Vorteil der Kunden. Eine Konsultation mit der britischen Aufsichtsbehörde UKGC könnte erhellend wirken.
Über entsprechende Vorhaben der Entscheidungsträger ist allerdings noch nichts bekannt geworden – es scheint als würde uns das ewige Thema gescheiterter deutscher Glücksspielgesetzgebung vorerst erhalten bleiben.
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